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cherheit. Werte zu betonen und von etwas überzeugt zu sein, geht Hand in Hand. Die
exzentrisch reflexive Position des Bewusstseins hat das unmittelbare Wissen zur Folge,
im Grunde allein zu sein. Es handelt sich um eine Privatsphäre, wo keiner mich in mei-
nem Erlebnis begleiten kann und wo nur die Liebe (Sympathie, Mitgefühl) Trost bieten
kann. Nur die Religion verspricht, uns aus dieser radikalen Isolierung zu retten, und auf
der Gefühlsebene hält die Religion ihr Versprechen doch. Für Helmuth Plessner bringt
die Instinktsicherheit der Tiere eine durchaus beschränkte Voraussichtsfähigkeit und die
Abwesenheit der sogenannten Freiheit mit sich. Das Tier existiert sozusagen unmittel-
bar, der Mensch sieht sich mittelbar und nackt und entwickelt dadurch Schamgefühle,
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Nicht anders denkt der Philosoph Spinoza, wenn er meint, dass das einzige "Objekt", das wir von
außen und innen kennen (selbstredend unvollständig), unsere eigene Realität ist.
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6.- Fundamentalismus, Aufklärung, Psychoanalyse
wie auch hochkomplizierte psychische Phänomene wie Reue, Schuld, Neid und auch
Religionsgefühle. Nach Plessner führt der Mensch sozusagen auf Umwegen "über
künstliche Dinge" sein Leben durch. Wenn wir diesen Tatbestand auf das Erkenntnisge-
biet übertragen, können wir postulieren, dass unter diesen künstlich konstruierten Ele-
menten die Formulierungen von Überzeugungen zu verstehen sind, welche seine in-
stinktarme Unsicherheit kompensieren sollen. Sowohl für Plessner, als auch für Freud,
ist der Mensch konstitutiv heimatlos, ortlos, in prekärem Gleichgewicht. Daraus ent-
springt das fundamentalistische Bestreben, Heimat, Stabilität und kognitiv feste Stand-
orte für immer zu etablieren. Das Tier ist dank seiner Weltgebundenheit beschränkt und
sozusagen abgesichert. Hingegen die Weltoffenheit des Menschen macht aus ihm ein
fast unbeschränktes Wesen, das sich gleichzeitig nach Absolutheit schmerzlich sehnt
und sich anmaßt, die Absolutheit in Gott oder in Göttern gefunden zu haben.
Nietzsche (1967 [1886]b, S. 373) macht uns darauf aufmerksam, dass "jede starke
Richtung einseitig [ist]; sie nähert sich der Richtung der geraden Linie und ist, wie die-
se, ausschließend; d.h. sie berührt nicht viele andere Richtungen" (Hervheb.: RPO). So
charakterisiert Nietzsche den Fundamentalismus, lange bevor das Wort überhaupt in
Gebrauch kam. Er beschreibt weiter den Ursprung der fundamentalistischen Denkungs-
art als ein "ungestüme[s] Verlangen nach Gewissheit (...), das Verlangen durchaus etwas
fest haben zu wollen (...), das Verlangen nach Halt, Stütze" (Nietzsche 1967b [1886]
S. 494f).
Fahren wir nun mit dem oben begonnenen Thema der Militanz fort, zunächst im
Versuch einer begrifflichen Annäherung: Militanz bedeutet eine Gesinnung zu haben,
die Kriegsbereitschaft einschließt; Theorie in Praxis umzusetzen, Gedanken in Taten,
d.h. sich für etwas einzusetzen, die eigenen Überzeugungen aktiv durchsetzen zu wollen,
bzw. zu versuchen, nach diesen Überzeugungen die Welt zu gestalten. Marx hat diese
Idee in der berühmten Elften These über Feuerbach prägnant ausgedrückt: "Die Philoso-
phen haben die Welt nur verschieden interpretiert. Es kommt darauf an, sie zu verän-
dern" (Marx 1983 [1888], S. 7). Dieser Grundsatz stellt eine Aufforderung dar, Aktivist
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6.- Fundamentalismus, Aufklärung, Psychoanalyse
zu werden. Auf erkenntnistheoretischem Niveau erwähnt Marx an vielen Stellen seines
Werkes, dass Ideen inhärenterweise dazu tendieren, sich zu verwirklichen. Dieser Ge-
danke war Freud nicht fremd, als er meinte, Ideen seien "Probetaten", d.h Anleitungen
zum Handeln, und die Sprache ein Surrogat für die Tat. Freud erforscht außerdem die
machtvolle Kraft der Vorstellungen eingehend.43 Die Verbindung zwischen Theorie und
Praxis, bzw. Forschen und Heilen, ist ein zentraler Bestandteil sowohl des Marxismus
als auch der Psychoanalyse. Übrigens findet man in Bezug auf den Marxismus mit sei-
nem unleugbaren, aufklärerischen Elan in der psychoanalytischen Literatur kaum eine
Erwähnung darüber, dass sich Freuds Skeptizismus dem Marxismus gegenüber auf die -
biologisch gesehene- Unvollständigkeit der marxistischen Auffassung über die mensch-
liche Aggressivität bezieht: "Mit der Aufhebung des Privateigentums entzieht man der
menschlichen Aggressionslust eines ihrer Werkzeuge, gewiss ein starkes, und gewiss
nicht das stärkste" (Freud 1930a [1929] S. 473); und vor allem, "dass der Versuch früh-
zeitig unternommen wurde" (Hervheb.: RPO) (Freud 1933a [1932], S. 196f), weil sich
die menschliche Natur im Laufe weniger Generationen nicht so einfach und schnell ver-
ändern kann. Der Marxismus überschätzt -nach Freuds Meinung- den Rhythmus und die
Fähigkeit des Menschen, sich ändern zu können. Die Erschaffung des vermeintlichen
"neuen Menschen" hinkt katastrophal den politisch-ökonomischen Zielen der Revoluti-
on nach. Mentalitäten und Institutionen umzuwälzen, stellt eine extrem schwierige Auf-
gabe dar. Daher meine ich, dass Freud den Marxismus als einen, wie er sagt, "verfrühten
Versuch" kritisiert.44 Jede Revolution braucht, um mit Kants Worten zu sprechen, eine
"wahre Änderung der Denkungsart" (Kant, von Mitscherlich 1983b [1977] zitiert,
S. 588).
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