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len zu sein wie abgelegte Kleidungsstücke.
Skar begann sich zunehmend unbehaglicher zu fühlen. Er
kannte Situationen wie diese nur zu gut. Er hatte sie erlebt, unzäh-
lige Male vor unzähligen Schlachten, die er ausgetragen hatte:
Männer, die lachend und mit Begeisterung in den Kampf zogen,
vor Erregung bebten, den Augenblick, in dem sie dem Gegner ins
Auge schauten, kaum erwarten konnten.
Die meisten von ihnen hatten die Schlacht nicht überlebt.
»Bist du mit unseren Vorbereitungen zufrieden?« fragte Eltra.
Skar nickte. »Perfekt, bedenkt man die Kürze der Zeit, die ihr
hattet. Ich hätte es nicht besser machen können.« Aber das hieß
nicht, daß er zufrieden war. Die Falle war perfekt, ein strategi-
sches Planspiel, eines Meisters der Kriegskunst würdig. Aber Vela
war eine hervorragende Spielerin.
Er trat mit einem raschen Schritt an El-tra vorbei, legte die
Hände auf den zermürbten Stein der Zinnen und sah nach Osten.
Als sie hergekommen waren, war ihm nicht aufgefallen, wie steil
der Weg bis zur Festungsmauer anstieg. Jeder Angriff würde
schon auf der Hälfte des geröllübersäten Hanges seinen Schwung
verlieren; und es gab bis auf fünfhundert Fuß vor der Mauer
nichts, was auch nur einem Hund hätte Deckung gewähren kön-
nen.
Er beugte sich vor, sah in die Tiefe und nickte ein weiteres Mal
anerkennend. Das Kastell hockte wie ein Ungeheuer aus grauem
Fels über dem Hang. Zu beiden Seiten zogen sich senkrechte, wie
poliert wirkende Felswände hundert Fuß und mehr in die Höhe.
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Der einzige Weg führte direkt am Kastell vorbei. Es war schlicht-
weg unmöglich, den Hang zu überwinden, ohne das Kastell vor-
her zu stürmen.
Trotzdem war er nicht beruhigt, im Gegenteil. Er richtete sich
auf, fuhr sich mit einer nervösen Geste über Kinn und Mund und
blinzelte aus zusammengekniffenen Augen nach Osten.
»Wie lange wird es noch dauern?« fragte er.
»Bis sie hier sind?« El-tra schwieg einen Moment. »Zwei Stun-
den. Vielleicht drei.«
»Ihr habt Späher ausgesandt?«
El-tra nickte. »Späher und Bogenschützen. Fünf Mann auf je-
der Seite.« Er deutete auf die lotrecht abfallenden Felsen, die das
untere Ende des Hanges flankierten; eine zweite, von der Natur
errichtete Festung, so uneinnehmbar wie die, in der sie waren. El-
tras Bogenschützen konnten den Hang in eine Todesfalle verwan-
deln.
»Du läßt ihr nicht die geringste Chance, wie?« fragte er leise.
»Sollte ich?«
Skar antwortete nicht. Es war das alte Problem: Man konnte ei-
nen Gegner schlagen, ihm jeden nur denkbaren Schaden zufügen
- aber es war nicht immer klug, ihn in die Enge zu treiben. Wie im
Kampf Mann gegen Mann hatte Skar auch im Feld fast immer
selbst dafür gesorgt, daß dem Feind eine letzte Möglichkeit zur
Flucht offenblieb. Ein Gegner, der keinen Ausweg mehr sieht,
neigt zu Verzweiflungstaten.
Trotzdem schüttelte er nach einer Weile den Kopf und trat von
der Brüstung zurück. Der Errish eine Chance zu lassen, hieße mit
fast hundertprozentiger Sicherheit den Sieg zu verspielen.
»Nein«, sagte er noch einmal. »Ihr habt gute Arbeit geleistet. Ich
glaube, wir können jetzt nur noch warten.«
»Unsere Späher werden uns warnen, wenn sie näher kommt«,
sagte El-tra. »Du kannst zurückgehen und im Inneren der Festung
warten. Ich lasse dich rufen.«
Skar lehnte ab. Es war kalt und ungemütlich hier oben auf der
Mauer, aber unten in den düsteren, fensterlosen Hallen der Fe-
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stung wäre er sich wie lebendig begraben vorgekommen. Hier
draußen konnte er wenigstens frei atmen. Wieder glitt sein Blick
den Hang hinunter und verweilte auf dem schmalen Spalt im Fels,
dem einzigen Weg hier herauf. Es hatte geschneit, wie El-tra pro-
phezeit hatte, und ihre Spuren waren verschwunden, als hätte es
sie niemals gegeben. Er hob den Kopf und blinzelte aus zusam-
mengekniffenen Augen zur oberen Kante der Felsen hinauf, aber
obwohl er wußte, wonach er zu suchen hatte, konnte er nicht die
geringste Spur von Leben entdecken. El-tras Bogenschützen
schienen mit dem Gestein verschmolzen zu sein.
»Du bist nervös«, sagte Gowenna leise.
Skar nickte, ohne den Blick von den Felsen zu wenden. »Zwei
Stunden sind eine lange Zeit, Gowenna.«
»Du fürchtest dich, nicht?« fragte Gowenna. »Nicht vor dem
Kampf oder der Begegnung mit Vela. Du hast Angst, Del wieder
gegenüberzustehen.« Sie trat neben ihn und lehnte sich schwer ge-
gen die Brüstung. »Was ich in Cosh gesagt habe, tut mir leid«,
sagte sie. »Ich war zornig, und ich war erschrocken, als ich sah,
daß Del fort war.«
Skar drehte den Kopf und sah sie an. Sie schien eine Antwort zu
erwarten, etwas ganz Bestimmtes - vielleicht nur ein Lächeln, ein
Wort; es hätte viel gegeben, was er hätte tun oder sagen können,
ohne sich dabei etwas zu vergeben. Aber er hatte nicht vergessen,
daß ihr Messer an Dels Kehle gewesen war.
»Es ist nicht der Moment, zu lügen, Gowenna«, murmelte er.
Sie hielt seinem Blick einen Herzschlag lang stand und sah
dann zu Boden.
»Wahrscheinlich hast du recht«, sagte sie. Dann drehte sie sich
mit einem Ruck um und ging.
Skar dachte einen Moment daran, sie zurückzurufen, aber sie
war bereits den Wehrgang und die Strickleiter hinuntergestiegen,
ehe er den Entschluß endgültig gefaßt hatte.
Rings um ihn fuhren die Sumpfmänner fort, sich auf die
Schlacht vorzubereiten, aber Skar fühlte sich seltsam isoliert, aus-
geschlossen, als ginge ihn dies alles nichts an. Er war ein Fremder,
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nicht mehr als ein im Grunde unbeteiligter Zuschauer. El-tra hatte
recht. Es war nicht sein Kampf. Was hier geschehen würde, ging
ihn nichts an.
Lange, sehr lange stand er reglos hinter den Zinnen der zerbor-
stenen Wehrmauer. Er dachte nicht, nicht bewußt. Aber langsam,
allmählich und fast, ohne daß er sich dessen selbst bewußt wurde,
reifte ein Entschluß in ihm. Etwas, das irgendwie mit dem Ding in
ihm verkettet schien, ein schwaches Echo auf die Präsenz seines
Dunklen Bruders. Dieser war erwacht, endgültig, schon vor lan-
ger, langer Zeit, ohne daß Skar es selbst bemerkt hätte, aber jetzt
spürte er ihn wie einen großen, schweigenden Schatten, der hinter
seinen Gedanken lauerte, eine Gewalt, ungleich stärker, als selbst
Vela ahnte. Wie hatte Kor-tel gesagt? Wende es richtig an. Es
kann uns den Sieg bringen - oder uns alle vernichten. Er hatte ge-
glaubt, es nicht zu können, aber das stimmte nicht. Der Bruder
war wach, war es die ganze Zeit gewesen, und gerade sein Schwei-
gen hätte ihm dies deutlich machen müssen. Aber anders als die
Male zuvor würde er diesmal nicht Gewalt über ihn erlangen,
nicht, ehe er es selbst wollte.
Diesmal würde er das Monstrum in sich freiwillig entfesseln
müssen, ihm vollständig und ohne Vorbehalte Macht über sich,
seine Gedanken und sein Tun geben müssen. Und er wußte, daß
der Dunkle Bruder diesmal nicht wieder gehen würde. Er hatte
ihn zweimal zurückgedrängt; ein drittes Mal hatte er nicht die
Kraft dazu.
Aber er würde es tun. Die Errish hatte den Kampf begonnen,
ohne zu ahnen, mit welcher Macht sie sich anlegte. Sie hatte ihn
haben wollen, ihn - oder das Ding in ihm - und sie würde es be-
kommen.
Er wußte plötzlich, was zu tun war. Der Gedanke erschreckte
ihn selbst jetzt noch, aber er war gepaart mit dem Wissen, daß
es die letzte verbliebene Möglichkeit war. Er würde seinem
Dunklen Bruder ein letztes Mal gestatten, Gewalt über ihn zu
erlangen. Und er würde die Errish vernichten, sie, den Drachen
und diesen verfluchten Stein der Macht. Er wußte, daß er es
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konnte.
Aber er wußte auch, daß er hinterher sterben würde.
Irgend etwas stimmte nicht. Er hatte das Kastell verlassen,
ohne aufgehalten oder auch nur angesprochen zu werden.
Sein Pferd hatte gesattelt und fertig gerüstet neben dem Aus-
gang gestanden, als er die Wehrmauer verließ; wenn es noch eines
Beweises dafür bedurft hätte, daß die Sumpfmänner seine Gedan-
ken lasen, so war es dieser. Aber er verschwendete nicht mehr als
eine halbe Sekunde an diesen Gedanken. Gowenna war im Inne-
ren des Festungsgebäudes geblieben. Vielleicht wußte sie nicht,
was er tat, vielleicht wußte sie es auch und respektierte seinen
Wunsch, allein zu bleiben. Seitdem war er geritten, eine winzige
Gestalt am Ende einer langsam länger werdenden Spur, die sich [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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